Wie sehr vertrauen Sie überhaupt noch einem Arzt/Onkologen oder irgendeiner Krebstherapie? Wie mit dem Krebsmedikamenten umgegangen wird, so wird auch mit allem anderen umgegangen. Der Krebspatient steht nicht an erster Stelle, oder seine Heilung oder eine bessere Lebensqualität. Es wird einfach mit der Hoffnung der Menschen gespielt, die teure Medikamente schlucken und viele Nebenwirkungen erleiden, in der Hoffnung doch etwas länger zu leben oder zu überleben.

Ein interessantes Interview mit einem Onkologen der die Marketing Strategien der Pharma sowie die vielen nutzlosen Krebsmedikamente kritisiert:

SPIEGEL: Herr Ludwig, behandeln Sie Ihre Patienten mit den neuen Krebs- medikamenten?

Ludwig: Ja, natürlich – aber bei vielen der Substanzen überlegen wir uns das in jedem einzelnen Fall sehr genau. In den letzten drei Jahren sind zum Beispiel fünf neue Medikamente gegen Nierenkrebs zugelassen worden. Aber wenn man sich die Zulassungsstudien ansieht, zeigt sich, dass nur bei einem dieser Mittel überhaupt nachgewiesen ist, dass es das Leben der Patienten verlängern kann – durchschnittlich um etwa drei Monate.

SPIEGEL: Und das noch zum Preis erheblicher Nebenwirkungen

Ludwig: … allerdings, wie etwa ständige Erschöpfung, Übelkeit und Haut- ausschläge. Außerdem dauert es einige Wochen, ehe die Medikamente über- haupt anfangen können zu wirken. Schwerstkranke, die kurz vor dem Tod stehen, haben deshalb oft gar keine Chance mehr, die Wirkung noch zu erleben. Wenn man sie behandelt, müssen sie in ihren letzten Wochen nur unnötig leiden.

SPIEGEL: Wie lässt sich verhindern, dass sinnlos Geld für diese neuen Mittel verschleudert wird?

Ludwig: Sehr wichtig ist, dass sich die Ärzte unabhängig von der Pharma- industrie informieren.

SPIEGEL: Ist das nicht selbstverständlich?

Ludwig: Überhaupt nicht. Wir Ärzte sind ständig einer gigantischen Maschinerie von Werbemaßnahmen ausgesetzt. Heute Morgen lag zum Beispiel eine Zeitschrift auf meinem Schreibtisch, eine seriöse onkologische Fachzeitschrift und gleich vorn auf dem Cover eine Anzeige.

SPIEGEL: Sie wirbt für das Mittel Everolimus von der Firma Novartis

Ludwig: … ja, das fünfte Medikament gegen Nierenkrebs, das 2009 zugelas- sen wurde. Jetzt fragen Sie mal 100 Onkologen. Sie werden sehen: Es ist nicht die Botschaft der Ema, sondern die der Pharmawerbung, die beim Arzt ankommt. Und je geringer die Wirkung eines Medikaments ist, desto mehr wird von den Firmen in Marketing investiert.

SPIEGEL: Warum wurde Everolimus denn überhaupt zugelassen?

Ludwig: Das frage ich mich auch – und nicht nur in diesem Fall. Die Zulassungsbehörde beachtet bei Krebsmedikamenten oft ihre eigenen Kriterien nicht. Das muss sich ändern. Den Markt mit Mitteln fraglichen Nutzens zu überschwemmen bringt den Patienten wenig. Wir werden unser Gesundheitssystem nicht mehr finanzieren können, wenn wir das nicht in den Griff bekommen.